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Enablia TitanSDR

 

Das kleine Unternehmen Enablia, wurde 2009 gegründet und besteht aus vier HF- und Software- Ingenieuren. Enablia ist in Rom, Italien ansässig. Mittlerweile kommen einige wichtige SDR's aus Italien. So verwundert es nicht, das Italien eine Vorreiterrolle in Sachen SDR- Entwicklung einnimmt.

Enablia, eine in der Hobby- und Amateurszene noch unbekannte Firma, präsentiert ein SDR, das sich hauptsächlich an professionelle Benutzer wendet. Das Militär und Überwachungsinstitutionen sollen in erster Linie angesprochen werden. Der TitanSDR ist aber in einer Preiskategorie angesiedelt, der ihn auch für Funkamateure und Kurzwellenhörer interessant macht.

Nach einer Anfrage bei Enablia, schickte mir Giovanni de Maio, der Chef von Enablia, den TitanSDR mit der Pro- Software für Tests und Vergleiche zu.

Die wichtigsten Daten:
-- Multikanal Empfänger mit max. 4 Weitbandkanälen von 312.5Khz bis 2.187500Mhz
-- 8 Schmalbandkanal Standardversion, 40 Schmalbandkanal Pro- Version
-- Frequenzbereich: 9khz - 40Mhz
-- Betriebsarten: AM, LSB, USB, CW, FSK, FM, eLSB, eUSB, DRM
-- Bandbreiten stufenlos von 200Hz bis 20Khz (abhängig von der Betriebsart)
-- Abstimmschritte mit den Pfeiltasten: 1Hz, 10Hz, 100Hz, 200Hz, 500Hz, 1Khz, 2Khz, 5Khz, 9Khz, 10Khz
-- 16 manuell schaltbare Bandpässe (Preselektor)
-- sehr gutes Grosssignalverhalten bis IP3+ 37dBm
-- AGC: Schnell, Langsam, Manuell
-- Panoramaspektrum, Weitband & Schmalbandspektrum & Wasserfall
-- Skalierbare Spektren
-- Aufnahme der Weitband- und Schmalbandkanäle
-- Timergesteuerte Aufnahmen des Frequenzbandes mit verschiedenen Konfigurationen
-- 6V Trafonetzteil im Lieferumfang

Die Hardware

Der TitanSDR kommt in einem massiven, hochwertig verarbeiteten Aluminiumgehäuse daher. Das Gerät ist in Schwarz gehalten und sieht Edel aus mit seinen Lasergravierten Inschriften. Das Gehäuse hat die Masse 243mm x 52mm x 145mm (BxHxT) und wiegt 1.5kg. Alle Anschlüsse sind vornehmlich auf der Rückseite des Gerätes platziert. Hier finden sich der BNC Antennenanschluss, ein SMA IF- Eingang, die 6V DC- Buchse, der Ein/Aus Schalter und der USB2- Anschluss. Auf der Unterseite befindet sich noch ein kleiner Lüfter für die Gerätekühlung.

Erfreulicherweise liefert Enablia ein 6V- Trafonetzteil mit. In der heutigen Zeit nicht selbstverständlich, da praktisch nur noch Schaltnetzteile üblich sind. Somit läuft man nicht Gefahr, sich den Empfang selber zu stören wegen ungeeigneter Stromversorgung.

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Blockdiagramm

Das Antennensignal durchläuft zuerst einen 4- Fach schaltbares Dämpfungsglied und trifft dann auf den manuell schaltbaren Preselektor, der 16 Bandpässe enthält. Nachdem das Signal einen Antialiasingfilter (Tiefpass) passiert hat, geht es weiter zum RF/IF Umschalter. Hier kann z.B. ein IF- Signal eines anderen Empfängers in den Titan SDR über die SMA- Buchse eingespeist werden.  Nach einer Verstärkung und Filterung gelangt das Signal zum 16Bit A/D Wandler. An der Stelle wird das analoge Signal digitalisiert. Das Signal passiert anschliessend einen FPGA, in dem die Frequenz selektiert und die Abtastrate reduziert wird. Hierbei wird der Dynamikumfang erhöht. Anschliessend wird das Signal über die USB2- Schnittstelle an den Computer übertragen.


 

Die Software

Die Installation verläuft ohne Probleme und geht recht schnell. Bei der Installation auf Windows 8 oder höher, sollte vor der Installation die Treibersignierung deaktiviert werden, weil sonst die Software nicht korrekt installiert wird.

Der TitanSDR spielt in einer etwas anderen Liga. Die Funktionalität der Software ist nicht direkt auf Suchempfang ausgelegt, so wie herkömmliche SDR's für den Amateur- und Hobbybereich. Der TitanSDR ist ein Multikanal- Empfänger mit der Hauptaufgabe, Fernschreibsignale jeglicher Art, zur Verarbeitung an Decoder weiterzureichen. Die Pro- Version der Software unterstützt die Decoderprogramme Krypto500 und Hoka Code300. Desweiteren können Bandüberwachungen und Analysen damit durchgeführt werden.

Wie im Diagramm ersichtlich, können die Daten per VAC (Virtual Audio Cable) an jedes Decodierprogramm das VAC unterstützt, weitergeleitet werden. Auch über das lokale Netzwerk (LAN) ist die Weitergabe der Daten an andere Computer möglich.

Darüber hinaus können 4 Weitband &  40 Schmalbandkanäle (Pro-Version) aufgenommen und gespeichert werden für spätere Analysen (Rec & Replay). Die Standardsoftware bietet lediglich 4 Weitband & 8 Schmalbandkanäle. Die Fernsteuerung des SDR's ist ebenfalls möglich.

Folgende Kombinationen von Weitbandkanälen sind möglich:
1 x 2.1875000 khz
1 x 1.875000 khz
1 x 1.562500 khz & 1 x 312.500 khz
1 x 1.250000 khz & 1 x 625.000 khz
1 x 1.250000 khz & 1 x 312.500 khz
2 x 937.500 khz
1 x 937.500 khz & 1 x 625.000 khz
1 x 937.500 khz & 2 x 312.5000 khz
2 x 625.000 khz & 1 x 312.500 khz
1 x 625.000 khz & 1 x 1.250000 khz
1 x 625.000 khz & 1 x 937.500 khz
1 x 625.000 khz & 2 x 312.500 khz
4 x 312.500 khz

Ich habe mich Anfangs erstmal auf die eigentliche Aufgabe des TitanSDR konzentriert. Das decodieren von diversen Signalen auf mehreren Kanälen. Weil ich nicht im Besitz von Krypto500 usw. bin, musste ich mich mit Freeware- Programmen begnügen, die in der Lage sind, über VAC (Virtual Audio Cable) zu funktionieren. So habe ich mir das famose DSC- Decodierprogramm YaDD mit vier Instanzen installiert und mit dem TitanSDR via VAC gekoppelt. Als erstes werden die Breitbandkanäle ins Panoramaspektrum gesetzt. Anschliessend werden die Schmalbandkanäle gesetzt. Das sind dann die Senderfrequenzen. Als Beispiel 8414,5khz in der Betriebsart FSK mit einer Bandbreite von 1Khz. Sind die vier Kanäle konfiguriert, kann es losgehen. Man lässt die Anwendungen dann im Hintergrund laufen, weil nicht ständig Daten gesendet werden. Nach einer gewissen Zeit haben einige Aussendungen auf den vier Frequenzen stattgefunden und man kann diese dann Auswerten. Die selbe Vorgehensweise habe ich auch beim Navtex- Decoder "Yand" und "Zorns Lemma" angewandt. Auch hier kann man Mühelos die Navtex- Kanäle auf 490Khz und 518Khz, sowie das RTTY- Signal auf 7646Khz von DWD überwachen und decodieren. Im laufe der Nacht kommen dann etliche Meldungen rein die anschliessend ausgewertet werden können. Die obigen Empfangseinstellungen können als Sitzung abgespeichert werden und bei der nächsten Empfangssitzung wieder aufgerufen werden. Es lassen sich beliebig viele "Sitzungen"abspeichern.

Frequenzbandaufnahmen können auch zeitgesteuert gemacht werden. Man programmiert den Scheduler auf die Aufnahmezeit, Frequenz, Betriebsart und Bandbreite.  Mehrere Timer können gesetzt werden.

Die Aufnahmen können dann mit dem integrierten Player abgespielt werden. Hierzu ist aber der beiliegende USB- Dongle notwendig. Nur wenn dieser eingesteckt und von der Software erkannt wurde, ist das Abspielen der Files möglich.

Für DX'er und Senderjäger kann dieses Multikanal- Verfahren durchaus interessant sein. Man hat die Möglichkeit, die Weit- und Schmalbandkanäle aufzunehmen. Diese können später analysiert und mit einer beliebigen Betriebsart und Bandbreite abgesucht werden, um seltene Stationen darin zu finden. Aber auch 40 einzelne Frequenzen innerhalb dieser 4 Weitbandkanäle lassen sich auf diese Weise überwachen.

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Der Empfang

Mit dem TitanSDR kann man natürlich auch normal Radio hören. Die Software des TitanSDR bietet nebst den gewohnten Betriebsarten auch eine ungewohnte, aber durchaus interessante Betriebsart: "eSSB"! Ausgeschieben heisst das "Erweitertes SSB".Die Betriebsart ermöglicht eine Erweiterung des Frequenzganges in der Betriebsart SSB (LSB/USB). AM Sender können in eSSB problemlos mit 6khz oder mehr Bandbreite gehört werden. Normales SSB kann man selbstverständlich auch damit hören. In eSSB verlieren die AM Sender ihr typisches Fading und klingen wesentlich sauberer.

In den ersten Betriebsstunden machte sich etwas Unerwartetes bemerkbar. Der sehr laute Lüfter des TitanSDR! Obwohl ich nur mit geschlossenem Kopfhörer arbeite, war der kleine Lüfter trotzdem zu hören. Nicht ohne Grund verbaute man dem Gerät einen Lüfter. Er wird recht warm.

Wie weiter oben angedeutet, ist die Software nicht direkt auf Suchempfang ausgelegt. Sie bietet leider (noch) nicht den Komfort eines kontinuierlichen Suchempfangs mit dem automatischen mitlaufen des Preselektors. Das bedeutet, Suchempfang ist nur innerhalb der Weitbandkanäle möglich. Gelangt man an das Ende des Weitbandes, schaltet das Weitband um die Hälfte des Weitbandkanals weiter. Es ist aber damit zu rechnen, dass der Hersteller diese Funktion mittels Softwareupdates erweitert.

Will man also in einem etwas grösseren Bereich Suchempfang betreiben, wählt man das Weitband mit 2.187500Mhz aus. Diese Bandbreite kann man nur einmal ins Panoramaspektrum setzen. Ist der Weitbandkanal gesetzt, kommt nun ein Schmalbandkanal ins Weitbandspektrum. Ist dieser gesetzt, ist sofort die Audio dieses Kanals zu hören. Ein Klick auf eine Ziffer in der Frequenzanzeige aktiviert die Abstimmung mit dem Mausrad, wobei die Ziffern gelb werden. Es stehen aber auch kleine Pfeiltasten links neben der Anzeige zur Verfügung um die Frequenz zu verstellen. Klickt und bleibt man auf dem Pfeil, verändert sich die Frequenz kontinuierlich. Standardmässig ist der Preselektor deaktiviert. Arbeitet man aber mit Hochleistungsantennen ist es ratsam den Preselektor zu aktivieren, um allfällige Ausserbandstörungen zu dämpfen. Leider läuft der Preselektor nicht automatisch mit. So muss dieser von Hand mitgeschaltet werden.

Meine Empfangsversuche bescheinigen dem TitanSDR einen exzellenten Empfang. Die Audio ist hell und verständlich. Als Vergleichsgerät habe ich den bewährten Perseus SDR hinzugezogen. Im direkten Vergleich in AM kann der TitanSDR mit besserer Verständlichkeit punkten. Bei verzerrten und schwankenden Signalen schaltet man beim Perseus um auf SAM. Diese Betriebsart hat der TitanSDR nicht. Dafür aber eSSB. Wird diese aktiviert, verbessert sich die Verständlichkeit nochmal und übertrifft den Perseus. Der grosse Vorteil hier, die Seitenbänder können umgeschaltet werden (eLSB/eUSB) um Seitenbandstörungen auszuweichen. Ist aber der Sender nicht genau auf der Frequenz, muss nachgestimmt werden. Mit AM- Synchron entfällt das nachstimmen, weil dies normalerweise automatisch geschieht. Die sehr gute Verständlichkeit kann noch optimiert werden, wenn man die AGC ausschaltet und auf manuelle Regelung (MGC) übergeht. Der Empfang auf SSB ist über jeden Zweifel erhaben und klingt auch hier deutlich klarer und verständlicher als beim Vergleichsgerät. Die Empfindlichkeit beider SDR's ist praktisch identisch.

Ein Ausrutscher leistete sich der TitanSDR dennoch. Im Weitband Modus, also mit dem standardmässig deaktivierten Preselektor, waren ab und zu UKW- Überschläge zu bemerken. Mit aktiviertem Preselektor verschwanden diese Effekte aber sofort wieder. Auch Aktivantennen die starke Pegel liefern, wie die Dressler ARA-30, brachten den TitanSDR zum Übersteuern. Mit Preselektor auch hier kein Problem. Das zeigt, wie wichtig die Vorselektion ist!

Für die Vergleiche habe ich hauptsächlich die Fenu-CrossLoop/RLA4B benutzt. Diese bringt recht starke Pegel bei sehr gutem SNR. Aber auch die Mini-Whip, die neue NTi Mega-Activ habe ich benutzt. Mit den genannten Antennen kam der TitanSDR ohne Probleme zurecht.

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Fazit:

Der TitanSDR ist Grundsolide gebaut und überzeugt von Anfang an mit sehr guter Empfangsleistung, obwohl die Software nicht primär auf Sprachsignale ausgelegt ist. Für den Empfang von Sprachaussendungen fehlen der Software wichtige Werkzeuge zur Signalverbesserung und Optimierung. Einen regelbaren Noiseblanker, Auto- Notch, manueller Notch, Rauschunterdrückung, AM- Synchron usw., wären wünschenswerte Funktionen. Bleibt zu hoffen, dass Enablia die fehlenden Funktionen noch nachliefert.

Einen Sympathiebonus erhält Enablia für das mitliefern eines Trafonetzteiles! Das ist in der heutigen Zeit aussergewöhnlich und sehr willkommen.

Verfasst am 05.04.2015

 

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